Kommt nun der Luchs zurück?
Neues Artenschutzprojekt in der Planung? Vor einigen Tagen gab es in Bonn, im ehrwürdigen Museum König, eine Artenschutzkonferenz, die auf die Mittelgebirge in NRW eine große Auswirkung haben könnte. Laut Presselage verkündete NRW-Umweltminister Oliver Krischer dort, dass der Luchs hier wieder angesiedelt werden soll. Die FDP Kreistagsfraktion hat frühzeitig von dem Vorhaben erfahren und fragt bei der Kreisverwaltung deshalb nach, inwieweit man vor Ort in die Pläne des Landes bereits eingebunden ist. Denn im Umweltausschuss ist das Thema bislang noch gar nicht angesprochen worden. Ob dem Kreis erste Informationen zu den Planungen vorliegen, will die Fraktion unter anderem in einer politischen Anfrage wissen. „Wir stehen dem Projekt ausgesprochen positiv gegenüber. Genau wie bei der Freisetzung der Wisente und beim Thema Nationalpark glauben wir, dass Naturschutz und Wirtschaftsstandort sich nicht ausschließen. Im Gegenteil. Gerade der naturnahe Raum – bei gleichzeitig guter Verkehrsanbindung – ist ein Argument für Menschen, hier in der Region einen Arbeitsplatz und eine neue Heimat zu suchen“, erklärt FDP-Fraktionsvorsitzender Guido Müller das besondere Interesse seiner Fraktion für das neue Artenschutzprojekt. Die FDP setzt seit Längerem auch auf eine neue Form des Tourismus für die Region. Dabei stehen vor allem die Menschen im Fokus, die hier leben und arbeiten. Hier kann Siegen-Wittgenstein gerade von den Schwarzwaldkommunen oder auch den Österreichischen Bundesländern noch viel lernen. „Alleine deswegen verstehen wir auch nach wie vor nicht, warum es in NRW so schwierig ist, einen zweiten Nationalpark zu gründen“, meint Müller. Auch im Kreistag fand sich erst einmal keine Mehrheit, um sich um eine Nationalparkgründung auf Staatswaldflächen zu bewerben.
Bis zu 30 Tiere im Rothaargebirge denkbar
Warum denkt das Land aber überhaupt über die Ansiedlung von Luchsen nach? Der Grund ist folgender: Die Raubkatzen vermehren sich meist nur in der unmittelbaren Nachbarschaft zu anderen Luchsfamilien. Wissenschaftler fanden heraus, dass alle Wiederansiedlungen in Deutschland weitgehend isoliert bleiben und sich ihr Revier meist im direkten Umfeld suchen. Um die aktuell angesiedelten Luchsfamilien im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzer Wald zusammenzubringen, muss der Weg zwangsläufig über Siegen-Wittgenstein laufen, denn die Mittelgebirge sind bevorzugter Lebensraum der Raubkatzen. Diese Zusammenführung ist auch für den Genpool der Tiere von immenser Bedeutung. Das Rothaargebirge bietet Raum für etwa 30 erwachsene Luchse beziehungsweise 16 weibliche Tiere. Von der Verwaltung will die FDP unter anderem erfahren, in welchen Gebieten im Rothaargebirge eine Ansiedlung denkbar ist und welche Luchsart oder Unterart hier angesiedelt werden soll. Und aus den traurigen Erfahrungen im aktuellen Umgang mit den Wisenten, wo sich vor allem der oben erwähnte Landesumweltminister aus Sicht der FDP einen schlanken Fuß macht, muss auch im Vorfeld gesprochen werden, wie die die Entschädigungsregelungen des Landes für durch Luchse getötete Nutztiere aussieht. „Je besser man im Anfang alles bedacht hat, um so weniger wird so ein Artenschutzprojekt torpediert“, so Müller abschließend. Luchse haben einen Vorteil gegenüber Wisenten: sie gelten automatisch als herrenlos, so dass Klagen von Sauerländer Waldbauern keine Chance haben werden.
Sporadisch schon im Siegerland gesichtet
Der letzte Europäische Luchs wurde in NRW übriges 1745 tatsächlich im Rothaargebirge erlegt. Wenige Jahrzehnte später war die größte europäische Katzenart in West- und Mitteleuropa dann komplett ausgerottet. Mit ersten Wiederansiedlungen vor etwa 50 Jahren in Deutschland und anderen europäischen Ländern begann ein langwieriger Lernprozess, um herauszufinden, wie eine dauerhafte Besiedlung der Art erreicht und ein langfristiges Überleben gesichert werden kann. Die Nationale Biodiversitätsstrategie hat bereits 2007 festgelegt, dass der Luchs in den deutschen Mittelgebirgen wieder heimisch werden soll. In einigen benachbarten Bundesländern sieht die Entwicklung von Luchsvorkommen positiver aus als in NRW. In Niedersachsen hat sich in einem Auswilderungsprojekt eine Population aufgebaut, die wächst und sich ausbreitet. Auch in Hessen nehmen seit 2000 bis heute die Luchsmeldungen zu, von dort scheinen Luchse offenbar ihre Streifgebiete sporadisch bis ins Siegerland auszudehnen. Bereits 2020 sollte die Wiederansiedlung bereits erfolgreich umgesetzt sein. Dies wurde bislang allerdings nicht erreicht. Jetzt scheint der Schalter für das Projekt wohl endlich umgelegt zu werden. Eine frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema im zuständigen Ausschuss halten die Liberalen deshalb für sinnvoll.